Datamobbying, Datenschutzparanoia, und Warum Deutschland bei Künstlicher Intelligenz nichts zu melden hat

Im vergangenen Jahrhundert haben zwei Regime und Ideologien, die aus dem deutschsprachigen Raum stammen, Daten dazu verwendet, um Menschen einzusperren, zu foltern, und zu töten. Ich spreche vom Nationalsozialistischen Reich und von der DDR. Zwei Ideologien die dort sind wo sie hingehören: dem Abfallhaufen der Geschichte.

Dieser geschichtliche Hintergrund macht verständlich, warum man gerade in Deutschland zu Daten – präziser: personenbezogenen Daten – ein solch ambivalentes, wenn nicht gar gestörtes Verhältnis hat. Solche Daten dürfen nur mit Zustimmung der betroffenen Person erhoben werden, müssen auf Wunsch offengelegt werden und für die Person löschbar sein. Das reflektieren die Gesetze, die von der Bundesregierung und der EU erlassen wurden.

Medial prominent beleuchtete Gerichtsfälle wie Max Schrems vs Facebook oder Tatsachen, dass öffentlicher Raum in Deutschland und Österreich nicht oder nur ausgeblendet auf Google Street View angezeigt werden, zeigen, wie sehr diese Bedenken zu Absurditäten führen. Hausfassaden in deutschen Städten werden von Deutschen als privat markiert und müssen von Google verpixelt werden. Österreich hat bis heute kein Street View, weil Google beim Mapping zugleich WLAN-Daten erfasste. WLAN-Daten, die nichts mit personenbezogener Information zu tun hatte, wohlgemerkt.

Besonders absurd wird es, wenn man sich das Cookie-Law zu Gemüte führt. Jede Website in der EU muss einen Hinweis zu erfassten Cookies einblenden, und der Benutzer zustimmen. Ein Cookie, das anonymisiert und nicht personenbezogen ist. Und wehe, es hält sich jemand nicht daran, der wird in Grund und Boden geklagt und öffentlich angeprangert. Mit den Klagen gegen Google, Facebook & Co macht man sehr öffentlich deutlich, dass sich die Bundesregierung und die EU selbst vor diesen Großen nicht fürchten. Gleichzeitig gibt man aber ein verheerendes Signal an die eigenen Start-ups, von denen man so gerne so viel mehr hätte. „Traut Euch ja nicht, irgendwas mit Daten zu machen, oder wir lassen Euch bluten!“

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Wenn Technologie Berufe vernichtet, aber Arbeitsplätze schafft

Als das Automobil um 1900 kam, war es absehbar, dass so mancher seinen Arbeitsplatz verlieren wird. Kutscher, Stallungsbesitzer, Sattler, oder Pferdezüchter wurden nicht mehr, oder nicht mehr in der Zahl gebraucht. Diese Berufe verschwanden fast vollständig. Stattdessen entstanden neue Berufe. Chauffeure, KFZ-Mechaniker, oder Bauarbeiter, die Straßen für die vielen Autos bauten, entstanden neu. Das waren die offensichtlichen Berufe die geschaffen wurden. Weniger offensichtlich war hingegen, dass Einkaufszentren am Stadtrand entstehen würden. Oder die Tourismusbranche und das Gastgewerbe.

Die verlorenen Arbeitsplätze und Berufe wurden durch neue ersetzt. Während Arbeitsplätze verloren gingen, blieb die Arbeit da und wurde mehr. Das ist ein wesentlicher Unterschied, den wir in der Diskussion um neue Technologien gerne übersehen. Während Berufe vernichtet und Arbeitsplätze in diesen Berufen verschwinden, werden neue geschaffen. Zumeist sogar mehr als verloren gingen.

Wir dürfen auch nicht Arbeit mit Arbeitsplätzen verwechseln. Arbeitsplätze ändern sich, die notwendigen Fähigkeiten sie auszuüben ebenso. Die Menge an Arbeit allerdings bleibt da und wird sogar mehr. Arbeit die nun von Maschinen ausgeübt wird erlaubt uns neue Arbeit zu entdecken, die wir vorher nicht sehen konnten, weil uns dafür keine Zeit blieb. Wer beispielsweise hätte vor 50 Jahren vorhersagen können, dass wir im Jahr 2017 in den USA fast 300.000 Fitnesstrainer haben? Der Beruf war 1950 unbekannt. App-Entwickler gab es vor 10 Jahren, als das iPhone auf den Markt kam, auch nicht. Die App-Branche hat seither 50 Milliarden Dollar erwirtschaftet.

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Grundeinkommen: Wir reden nur deshalb darüber, weil Männerjobs gefährdet sind

Das bedingungslose Grundeinkommen ist seit einiger Zeit in aller Munde und wird kontrovers diskutiert. „Wer soll das bezahlen?“ und „Damit wird nur die Faulheit der Menschen unterstützt!“ sind ein paar der Argumente dagegen. „Automatisierung wird Millionen Arbeitslose bringen, wir brauchen das Grundeinkommen!“ stehen auf der Fürseite.

Doch die Gründe für die Dringlichkeit und den Sinn der Diskussion sind tiefer gehend. Eine Studie der Oxford-Universität schätzt, dass 47 Prozent aller heutigen Jobs in den nächsten zwei Jahrzehnten durch Automatisierung und Künstliche Intelligenz ersetzt werden. Darunter befinden sich nicht nur sogenannte ‚blue collar‘-Jobs, also Arbeiterjobs wie Lastwagenfahrer, sondern neuartig auch viele ‚white collar‘-Jobs, also Arbeitsplätze die hohe Qualifikationen benötigen, wie Ärzte, Rechtsanwälte oder Softwareprogrammierer.

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Fallstudie: Als Kodak das Momentum endgültig verlor

Für viele Jahrzehnte war der Kodak Moment synonym mit Erinnerungen festhalten. Augenblicke au Film zu bannen und für die Ewigkeit auf Filmpapier zu drucken ist für jeden der noch eine Schuhschachtel mit Fotos sein Eigen nennt greifbar. Doch den Kodak Moment gibt es nicht mehr, und Kodak auch nicht – zumindest nicht in der Form wie wir das Unternehmen kannten.

In einem Beitrag auf Harvard Business Review gibt Scott Anthony eine gute Einsicht wie es zum Niedergang von Kodak kam. Es war nicht nur ein Moment, der Kodak zu Fall brachte, sondern eine Reihe von kleinen Änderungen in der Technologie, dem Markt, dem Geschäftsmodell unterstützt von zu langsamen oder zu schnellen und teilweise auch falschen Reaktionen des Kodakmanagements. Es konnte sich niemand vorstellen, dass die Menschen Fotos nicht mehr ausdrucken, sondern digital ansehen würden. Das ganze Kodakgeschäftsmodell war darauf ausgerichtet Filmpapier zu verkaufen.

Dabei war Kodak seiner Zeit voraus. Steve Sasson, 1975 ein junger Kodakingenieur, bastelte die erste Digitalkamera. Aus nicht mehr als einem Kassettenrekorder, einer Festplatte, Computer und einem Objektiv baute er ein klobig aussehendes Gerät. Und praktisch war es auch nicht. Zwanzig Sekunden benötigte eine Aufnahme, sehr niedrig war die Qualität des Bildes, und das Betrachten am Fernsehschirm machte das Bild auch nicht besser. Heute steht der Prototyp im Smithsonian Museum.

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Under Armour: Von Sportkleidung zum Big-Data-Schwergewicht

Digitale Transformation bedeutet nicht dem Schwein Lippenstift auf den Rüssel zu malen, sondern erfordert eine eingehende Beschäftigung mit dem eigentlichen Zweck des eigenen Unternehmens. Tesla baut seine Autos mit dem digitalen Kern als Ausgangspunkt, und nicht als App die auf ein Auto draufgeklebt wird. Uber baute sein Geschäftsmodell von einer App ausgehend, und nicht als einen zusätzlichen Kanal um ein Taxi zu bestellen. So wie die Autobauer heute feststellen müssen, dass sie nicht im Geschäft sind um Autos zu bauen, sondern um eine Mobilitätslösung zu bieten – eine Lösung bei der das Auto ein Bestandteil unter mehreren sein kann – so erkennen auch andere Branchen wie sich ihr Geschäftsfeld ändert.

Genau diese Erkenntnis hatte Under Armour-Gründer Kevin Plank. Er hatte die Ahnung, dass sich irgendwie die Industrie änderte. Hinzu kam, dass Menschen mehr über den Zustand ihres Autos Bescheid wissen, als über ihren Körper. Doch was kann ein Sportbekleidungshersteller beitragen? Alles begann damit, dass Kevin Plank, selbst ein ehemaliger Footballspieler, sich darüber ärgerte, wie verschwitzt seine Kleidung beim Training war. Durch Zufall stieß er auf einen synthetischen Stoff, der sich nicht mit Schweiß voll saugte. Aus dem schneiderte die ersten Leibchen, verteilte sie zum Testen an seine Mannschaftskollegen – und der Rest ist Geschichte.

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Digitale Wüste Deutschland

‚Digitale Transformation‘ ist wohl eines der abgelutschtesten Schlagworte, das momentan durch die Führungsetagen in Deutschland geistert. Mit dem Begriff – den außerhalb Deutschlands niemand wirklich kennt – versucht man das Biest zu zähmen. Und man tut sich schwer es zu verstehen. Reicht es eine App irgendwo draufzuklatschen wie einen Aufkleber und man ist ‚digital transformiert‘? Oder irgendwo eine Website bereits stellen, wo sich die Kunden ihre Rechnungen online anschauen können? Ehrlich, wenn man das noch nicht hat, dann ist man schon sehr spät dran. Zu spät.

Aus dem fernen Kalifornien ist es nicht ganz greifbar, warum es so schwer ist das zu verstehen. Aber meine regelmäßigen Besuche in Deutschland (und Österreich und der Schweiz) führen es mir vor Augen. Es sind diese Kleinigkeiten, die jede alleine nicht wirklich aufregend erscheinen, aber in Summe ihre ganze destruktive Kraft entfalten.

Zuerst mal ist es erstaunlich wie wenig Internetzugänge es gibt, und diejenigen die es gibt sind kostenpflichtig oder schlecht. In deutschen Hotels wird Internetzugang nach wie vor als Luxus gesehen und viele verlangen entsprechend viel. Zwischen €4 und €18 traut man sich zu verlangen. Als Geschäftsreisender geht es ohne Internetzugang überhaupt nicht. Und die Qualität der Leitung ist oft erstaunlich schlecht. Skype-Gespräche, Videostreams oder einfach nur mit Online-Werkzeugen arbeiten wird zum Glücksspiel. Mittlerweile verschiebe ich diese auf die Zeit, wenn ich von der Dienstreise zurück bin und stabile Internetverbindung habe.

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