Der britische Moderator und Journalist Jeremy Clarkson, bekannt u.a. aus Sendungen wie Top Gear, fiel diese Woche mit einer Kontroverse auf, die seine Karriere nun womöglich gänzlich beenden wird. Er hatte sich dabei mit einer Kolumne in der Zeitung The Sun in die Nesseln gesetzt – und das ist die milde Interpretation der Geschehnisse – als er zu den Skandalen um die königliche Familie um Harry und Meghan kommentierte.
In einer Netflix-Serie äußern sich Harry und Meghan zu Rassismus im Königshaus und den britischen Medien. Was lange vermutet oder bekannt war, wurde durch die Netflix-Serie zur Gewissheit. Die britische Öffentlichkeit jedenfalls ist gespalten. Auf der einen Seite gibt es Sympathie mit Meghan und Harry, auf der anderen Seite bezichtigt man sie dem Waschen schmutziger Wäsche in der Öffentlichkeit.
Wie auch immer, auch Jeremy Clarkson nahm sich des Themas an. Was hatte er geschrieben? Unter anderem folgendes:
Bei Meghan sieht die Sache allerdings anders aus. Ich hasse sie. Nicht so wie ich Nicola Sturgeon oder Rose West hasse. Ich hasse sie auf einer zellulären Ebene.
Nachts kann ich nicht schlafen, wenn ich da liege, mit den Zähnen knirsche und von dem Tag träume, an dem sie nackt durch die Straßen jeder britischen Stadt paradieren muss, während die Menge “Schande” skandiert und sie mit Exkrementen bewirft.
Zigtausende Menschen beschwerten sich bei der britischen Presseregulierung und der Unabhängigen Organisation für Pressestandards über diese Entgleisung, innerhalb von einem Tag mehr als im gesamten Jahr 2021, und The Sun zog die Notbremse: sie entfernte die Kolumne von der Website. Auch andere Medien reagierten kritisch und sahen diese Kolumne als unangebracht. Auf den sozialen Medien entlud sich eine Welle an Empörung.
Es dauerte nicht lange, und Jeremy Clarkson gab auf Twitter einen Kommentar ab, der nach Entschuldigung klingen sollte. Doch war es wirklich eine Entschuldigung? Das will ich analysieren, denn als Autor des Buches “Sorry Not Sorry: Die Kunst wie man sich nicht entschuldigt” ist das ein gefundener Leckerbissen, und wie erwartet, die Entschuldigung ist keine.
Aber hier der Reihe nach. Hier ist was Jeremy Clarkson als Entschuldigung gepostet hat:
Oh je. Da bin ich wohl ins Fettnäpfchen getreten. In einer Kolumne, die ich über Meghan geschrieben habe, habe ich mich ungeschickt auf eine Szene in Game of Thrones bezogen, und das ist bei sehr vielen Leuten schlecht angekommen. Ich bin entsetzt, dass ich so viel Schmerz verursacht habe, und werde in Zukunft vorsichtiger sein.
Klingt sie so, als ob hier jemand sich nur halbherzig entschuldigt? Es ist und so und dazu müssen wir verstehen, was eine gute Entschuldigung ausmacht und was Clarkson hier unterlässt und mit seinem Tweet eigentlich aussagt.
Eine echt gemeinte Entschuldigung enthält mehrere Schritte, die der amerikanische Verhaltensforscher David P. Boyd in sieben aufeinanderfolgenden Schritten festgehalten hat. Er sieht darin die Kunst einer öffentlichen Entschuldigung in diesen sieben Schritten:
- Offenbarung
- Erkennung
- Reaktionsfähigkeit
- Verantwortung
- Gewissensbisse
- Rückerstattung
- Reform
Er mag zwar erkannt haben, dass er hier ins Fettnäpfchen getreten ist, er sieht das aber eher in seinem misslungenen Scherz – sprich einer Referenz zur Fernsehserie Game of Thrones. Das kennen wir unter dem 23. Kunstgriff: Es ist passiert, aber es war doch nur Spaß. Und weil sie keinen Spaß verstehen, kam es bei den Leuten schlecht an. Der 17. Kunstgriff: Die Leute sind einfach zu sensibel lässt grüßen.
Anstelle sich nun gegenüber jemanden zu entschuldigen, in erster Linie bei Meghan Markle, zeigt er uns im letzten Satz, wer das eigentliche Opfer ist. Er selbst sei nämlich entsetzt, dass er so viel Schmerz verursacht hat. Ihn selbst trifft es am meisten, das auch bekannt ist als der 13. Kunstgriff: Es ist passiert, aber ich bin das eigentliche Opfer. Er wird zwar in Zukunft vorsichtiger sein, aber nur womit? Wem er seine Ungeheuerlichkeiten sagt? Wie rasch er sich in Zukunft ducken muss, um nicht Ziel der öffentlichen Aufregung zu werden?
Mit anderen Worten: es handelt sich bei diesem Tweet um keine Entschuldigung, er legt eigentlich noch nach.
Mehr zu den ganzen Kunstgriffen mit vielen Beispielen gibt es in meinem Buch “Sorry Not Sorry: Die Kunst wie man sich nicht entschuldigt“, erhältlich im Buchhandel.