Viel wurde bereits gesagt und spekuliert, ob wir denn alleine da draußen seien. Billionen von Galaxien, mit noch mehr Sternen und Planeten, und Millionen von Planeten die für Lebensformen wie der unseren bewohnbar wären sollten uns das Universum ziemlich bevölkert machen. Warum hatten wir aber mit noch niemandem Kontakt?
In seinem nach ihm benannten Paradoxon postulierte der italienische Physiker Enrico Fermi:
„Der weit verbreitete Glaube, es gäbe in unserem Universum viele technologisch fortschrittliche Zivilisationen, in Kombination mit unseren Beobachtungen, die das Gegenteil nahelegen, ist paradox und deutet darauf hin, dass entweder unser Verständnis oder unsere Beobachtungen fehlerhaft oder unvollständig sind.“
Mit anderen Worten: Wenn es ‚sie‘ gibt, warum sind sie nicht hier?
Dazu haben sich viele schlaue Köpfe (und auch der eine oder andere weniger schlaue) Gedanken gemacht, die von den Schwierigkeit mit der Kontaktaufnahme – Stichwort: an uns gesandte Radiosignale werden von uns nicht verstanden oder sind zu Hintergrundgeräusch verschwommen – und der Reise zu uns, über Regeln fortgeschrittenerer Lebensformen rückstandige Lebensformen nicht zu früh zu beeinflussen oder zu kontaktieren, bis zu den Thesen sie würden bereits hier mitten unter uns leben. Auch dass jede Lebensform dazu tendiert sich mit ihren eigenen Technologien irgendwann selbst zu zerstören, oder dass sie einfach stagniert in ihrem Wachstum und ausstirbt.
Künstliche Intelligenz
Der Fehler den wir begehen könnte darin liegen zu glauben, eine Lebensform müsse so wie wir aussehen Also wie eine wässrige Kohlenstoffverbindung, die ziemlich ungeeignet und ziemlich zerbrechlich ist für lange Reisen im Weltraum. Dabei entstehen gerade vor unseren Augen mögliche neue Lebensformen aus unserer Hand, auch wenn wir sie so noch nicht bezeichnen: als Lebensform.
Die Künstliche Intelligenz in speziellen Gebieten hat in den letzten Monaten Fortschritte gemacht, deren Geschwindigkeit uns Menschen erstaunlich vorkommt. Alphas Go Computer schlug den Go-Champion vernichtend und begann den Menschen unbekannte Züge zu spielen. IBMs Watson gewann das TV-Quiz-Spiel Jeopardy gegen die besten menschlichen Spieler. Und selbstfahrende Fahrzeuge werden immer besser im Erkennen und der Reaktion auf Fahrsituationen und werden früher in den Händen von einfachen Benutzern sein als erwartet.
Dabei hatten Experten noch vor wenigen Monaten es erst in einigen Jahren erwartet, dass ein Computer den Go-Champion schlagen wird. Dabei geschah es im März 2016. Und das hat mit der exponentiellen Entwicklung von Computersystemen und künstlicher Intelligenz zu tun. Wir Menschen sind evolutionär darauf getrimmt, lineare Entwicklungen ab- und einschätzen zu können, nicht aber exponentielle. Dauerte es vom Start im Jahr 1878 noch 75 Jahre bis das Telefon 100 Millionen Benutzer hatte, so waren es beim Handy hundert Jahre später nur mehr 16 Jahre. Das Internet konnte innerhalb von sieben Jahren die Hundert-Millionen-Marke knacken, Facebook viereinhalb Jahre, und Candy Crush Saga läppische 15 Monate.
Moores Law, das eine Verdopplung der Transistoranzahl und Rechengeschwindigkeit alle 18 bis 24 Monate vorhersagt, führt dazu, dass sowohl die Rechenleistung als auch die Lernfähigkeit eines System künstlicher Intelligenz sich exponentiell beschleunigt. Sind die heutigen Systeme bis dato nur in Nischen besser als der Mensch, so wird in Bälde der Punkt erwartet an dem ein Computersystem an Intelligenz mit Menschen gleich zieht. Diesen Moment bezeichnet der amerikanische Visionär und Informatiker Ray Kurzweil als die Singularität.
Singularität
Ab dem Moment des Eintritts der Singularität beschleunigt die Intelligenz eines solchen Systems immer mehr, und kann dazu übergehen selbst intelligentere Systeme zu designen und schaffen. Gemäß dem Oxforder Philosophieprofessor Nick Bostrom wird dabei schlagartig eine Superintelligenz entstehen. Diese wird millionen- und milliardenfach schneller Berechnungen anstellen können, als wir mit unseren Gehirnen. Das wird uns erlauben von dieser Superintelligenz zu profitieren, dabei aber nicht in der Form wie wir uns das heute vermutlich vorstellen. Nicht wir werden uns einen Chip ins Hirn pflanzen und uns so biologisch verbessern und zum Cyborg, sondern wir werden eher unsere Intelligenz aus unserem zerbrechlichen Schneckenhirn in eine viel stabilere Hardware überspielen. Die kann dann jede beliebige Größe und Form annehmen – und die Miniaturisierung ging ja unaufhörlich vor sich. Vielleicht werden wir nicht größer als ein Sandkorn sein, und werden auch nicht größer sein müssen. Das würde viele Probleme mit Energiebeschaffung, Raumfahrt und Platzbedarf lösen.
Zurück zu den Außerirdischen
Was uns wieder zu den Außerirdischen zurückbringt. Angesichts der technologischen Fortschritte die die Menschheit in den letzten 200 Jahren vorgenommen hat, ist eine auch nur wenige tausend Jahre fortgeschrittenere Zivilisation für uns vermutlich nicht erkennbar. Genauso wie einem Menschen aus dem 16. Jahrhundert der Zweck gewisser Technologien und die Herkunft mancher Phänomene unerklärlich ist, so muss es einem Menschen aus dem 21. Jahrhundert erscheinen, wenn wir Technologie aus dem – sagen wir mal – 42. Jahrhundert begegnen. Vermutlich erkennen wir diese Technologie gar nicht, selbst wenn wir mit der Nase darauf gestoßen werden.
Sind also außerirdische Zivilisation schon um uns herum, vielleicht in der Form von Sandkörnern? Oder irgendetwas Unsichtbarem? Schwer zu sagen, aber nicht unmöglich. Und wenn sie es sind, warum nehmen sie dann keinen Kontakt mit uns auf? Vielleicht aus demselben Grund, warum wir nicht unseren Goldfischen Shakespeare vorlesen.
Es könnten hier auch zwei gegensätzliche Effekte einander ergänzen: Geschwindigkeit und Langlebigkeit. Weil eine Superintelligenz viel schneller denken kann, geschehen alle unsere Bewegungen und Gedanken in einem Schneckentempo, in extremer Zeitlupe. Während wir noch gar nicht erfasst haben, dass uns eine Kaffeetasse aus der Hand fällt, hat die Superintelligenz schon tausende Berechungen angeführt, wohin die Tasse fallen wird, wo der Kaffee verschüttet, und hat schon alles angeordnet um die Unordnung wieder zu beheben.
Umgekehrt ist die Lebensdauer von Menschen im kosmischen Maßstäben gerechnet vergleichsweise kurz. Eine Superintelligenz auf einer stabileren Hardware könnte uns lange überdauern. Nicht so sehr die Sorge um uns verbietet einer solchen Lebensform uns zu kontaktieren, eine Kontaktaufnahme wäre es für sie einfach nicht wert, viel zu langsam, und dann auch viel zu kurz anhaltend. Warum der Streß, wenn es so viel anderes zu tun gibt?
Conclusio
Eine ausreichend fortgeschrittene Zivilisation ist für uns mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erkennbar. Sie könnte schon mitten unter uns sein, aber hat einfach nicht die Notwendigkeit sich mit uns zu beschäftigen, wenn wir nicht mehr als dämliche, statische und zerbrechliche Objekte sind, von denen nichts gelernt werden kann. In unserem Stadium sind wir das kosmische Äquivalent von Goldfischen. Schön anzuschauen, aber Shakespeare lesen wir ihnen deshalb auch nicht vor.
Ein Gedanke zu “Wenn Singularität die scheinbare Abwesenheit Außerirdischer erklärt”