Kopernikanische Methode Oder Wie lange wird es Google noch geben?

Konnte man im Jahr 1969 vorhersagen, wie lange die Berliner Mauer noch stehen wird? Wir wissen, dass sie 1989 fiel und sie ist nun länger gefallen, als sie je stand. Aber diese Frage stellte sich der amerikanische Physiker John Richard Gott bei einem Berlinbesuch ein Jahr nach Niederschlagung des Prager Frühlings.

Da niemand vorhersagen konnte, wann die Berliner Mauer – wenn überhaupt – fallen würde, auch John Richard Gott nicht, postulierte Gott, dass das Kopernikanische Prinzip in Fällen anzuwenden sei, wo nichts bekannt ist. Das Kopernikanische Prinzip, benannt nach dem Astronomen Nikolaus Kopernikus aus dem 16. Jahrhundert, beschreibt, dass Menschen keine Sonderstellung im Kosmos haben.

Umgelegt auf die Berliner Mauer im Jahr 1969 bedeutete das, dass er die Berliner Mauer mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent zu einem Zeitpunkt sah, wo sie das erste Viertel ihrer Gesamtexistenz bereits hinter sich hatte. Das heißt, aus dem Alter von acht Jahren im Jahr 1969 würde sie mit 75-prozentigem Vertrauensintervall 1993 nicht mehr stehen. Die Rechnung würde somit vom Jahr der Errichtung 1961 8 mal 4 Quartale anhalten. Das wären 32 Jahre, somit 1993. Und er sollte recht behalten, die Mauer fiel vier Jahre vorher.

Diese Methode taufte er auf den Namen ‚Kopernikus Methode‘ und wandte sie zugleich an die Lebenserwartung der Menschheit an. Zwischen 5.100 und 7,8 Millionen Jahren sollten wir bei diesem ‚Doomsday-Argument‘ mit 95-prozentigem Vertrauensintervall noch als Spezies vor uns haben, also kein Grund, dass wir oder unsere Kinder in Panik geraten.

Da die Methode heftige Kritik über deren Wirkung und Funktionsweise auslöste, wandte Gott mit der Zeitschrift ‚The New Yorker‘ diese Methode auch zum Test an der erwarteten Laufzeit von Broadway-Shows an. Dabei lag er mit einem 95-prozentigem Vertrauensintervall zu 95 Prozent mit seinen Vorhersagen korrekt.

Warum hatte Gott recht? Weil das kopernikanische Prinzip eine Instanz des ‚Satz von Bayes‘ ist. Bei diesem Theorem wird die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses durch die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines anderen Ereignisses abhängig gemacht.

Damit lässt sich berechnen, dass es Google noch ungefähr bis 2032 geben wird, und die USA als Nation bis ins Jahr 2255 Bestand haben wird. Die neue Beziehung Ihres besten Freundes, die er vor einem Monat eingegangen ist, wird allerdings bereits in einem Monat schon wieder vorbei sein.

Die beste Abschätzung wie lange etwas dauert, ohne auch nur irgendetwas zu wissen ist, dass sie noch einmal so lange Bestand haben wird wie sie bereits existierte. Hat man allerdings weitere Informationen, beispielsweise 90 Jahre ist nicht das Alter einer Mauer, sondern einer Person, dann haben wir das Wissen, dass solch eine Person nicht 180 Jahre alt werden wird.

Daran erkennen wir, dass es zwei Kategorien von Objekten in der Welt geben muss. Solche die eine natürlich begrenzte Lebensdauer haben, und andere die nicht begrenzt sind. Mathematisch gesehen verteilt sich die Lebensdauer der ersten Kategorie auf eine Pareto-Verteilung, und die letzteren auf eine Normalverteilung.

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Haben wir ein Gefühl, mit welcher Art von Verteilung wir es zu tun haben, dann haben wir bereits einen Grundstein für eine gute Vorhersage gelegt. Und wie sich herausstellt, bietet der Satz von Bayes mehrere Faustregeln für die Vorhersagen, die uns dabei helfen.

Multiplikative Regel

Bei der multiplikativen Regel nimmt man die vergangene Messeinheit, multipliziert sie mit einem konstanten Faktor. Ohne vorheriges Wissen zu haben, hat der Faktor den Wert 2.

Für zu erwartende Filmerlöse wird beispielsweise der Faktor 1,4 genommen. Wenn also ein Film bislang 10 Millionen Euro an Erlösen erspielt hat, dann kann mit Gesamterlösen von 14 Millionen gerechnet werden.

Durchschnittsregel

Wenn wir beispielsweise die Lebensdauer eines jungen Person bestimmen wollen, die noch jünger als der Altersdurchschnitt der Bevölkerung ist – ohne weitere Information zu Gesundheit, Lebensstil, Situation im Heimatland und ähnlichem zu haben – dann sind wir auf der sicheren Seite, wenn wir als Lebenserwartung die durchschnittliche Lebenserwartung angeben.

Wird die Person älter und kommt der durchschnittlichen Lebenserwartung immer näher, dann können wir die konkrete Lebenserwartung dieser Person mit genügen großem Vertrauensintervall mit ein paar Jahren über dem Durchschnitt ansetzen. Für einen 90-jährigen und einen 6-jährigen würden wir bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 76 Jahren somit auf 94 und 77 Jahre Lebenserwartung kommen (der 6-jährige kriegt hier ein zusätzliches Bonusjahr, weil er die Kindersterblichkeit bereits überstanden hat).

Additive Regel

Die additive Regel sagt voraus, dass Dinge für eine konstante Zeit weiterhin so verlaufen werden. Sie basiert auf einer Erlang- oder linksschiefen Verteilung.

Welche Regel auch immer angewandt wird, die Ergebnisse werden besser, wenn man weitere Information hat. Die durchschnittliche Regierungsdauer von ägyptischen Pharaonen vorherzusagen gelingt uns ohne weitere Informationen allerdings nur schwer.

2 Gedanken zu “Kopernikanische Methode Oder Wie lange wird es Google noch geben?

  1. Hallo Mario,
    ich bin ein wenig enttäuscht von dem Artikel. Denn zum einen glaube ich nicht, dass es Google “nur” bis zum Jahr 2032 geben wir und zum anderen hatte ich mir den Rechenweg erhofft, wie du / man zum Ergebnis 2032 kommt?
    Welche Kurve wird benutzt, welcher Faktor dafür eingesetzt. Was ist mit den Variablen wie Waymo oder …. ?
    So ist das für mich leider ein Artikel mit Bait-Titel ohne großen Inhalt.

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