Innovationszivilisation: Was Außerirdische und Innovatoren gemeinsam haben

Vor einigen Monaten erregte eine Nachricht über merkwürdige Effekte in einem 1.480 Lichtjahre von der Erde entfernten Sonnensystem das öffentliche Interesse. Der Stern KIC 8462852 zeigte unregelmäßige und starke Lichtschwankungen, sodass manche Astronomen über eine von einer außerirdischen Zivilisation errichtete Dyson-Sphäre spekulierten. Eine Dyson-Sphäre ist vergleichbar mit Solarzellen, die die Nutzung der Energie des Sterns im eigenen Solarsystem ermöglicht. Aber nicht im beschränkten Ausmaß, wie wir das kennen, sondern indem diese Solarzellen um den Stern herum aufgerichtet werden. Mit seinen bis zu 20 Prozent Schwankungen in der Lichtintensität bei besagtem Stern gibt es Spekulationen, dass es sich um eine Zivilisation des zweiten Typus gemäß der Kardaschow-Skala handeln könnte.

Der russische Astronom Kardaschow schlug eine Kategorisierung von Zivilisationen gemäß ihrer Fähigkeit, Energie zu produzieren, vor. Eine Zivilisation von Typ I kann die gesamte Energie des Heimatplaneten nutzen, Typ II die Energie des eigenen Zentralsterns und Typ III die Gesamtenergie der eigenen Galaxie. Wir selbst sind auf dem besten Weg, von einer Typ-0- zu einer Typ-I-Zivilisation zu werden und die gesamte Energieleistung der Erde zu nutzen.

Mit Innovation können wir eine ähnliche Klassifizierung von Innovationsleistung erstellen.

Die Entwicklungsstufe verschiedener Innovationszivilisationen lässt sich mit den Entwicklungsstufen von Industrienationen vergleichen. Das Klonen von Ideen, wie sie in Deutschland von den Samwer-Brüdern vorexerziert wird, erinnert an das Ausspionieren und Kopieren von Technologien in der Vergangenheit, und das geht Hunderte, wenn nicht Tausende Jahre zurück. Das Geheimnis der Seidenherstellung zu verraten war in China jahrhundertelang verboten und wurde mit der Todesstrafe geahndet, aber irgendwann um 550 nach Christus begann die Seidenherstellung durch aus China herausgeschmuggelte Seidenraupen auch im Byzantinischen Reich. Im 17. und 18. Jahrhundert heuerte der schottische Nationalökonom und Bankier John Law talentierte Handwerker aus England für den Aufbau der französischen Wirtschaft an. Das englische Königreich verabschiedete daraufhin im Jahr 1719 ein Gesetz, das genau dies verbot. Englische Bürger, die nicht innerhalb von sechs Monaten wieder nach England zurückkehrten, mussten mit dem Entzug des Eigentums und der Staatsbürgerschaft rechnen. Das wurde noch um ein Exportverbot für Maschinen ergänzt.

Diese Liste lässt sich beliebig bis in die Gegenwart fortsetzen, mit Deutschland, das Technologie aus England schmuggelte, dem russischen Zaren Peter dem Großen, der deutsche und niederländische Handwerker und italienische Architekten ins Zarenreich holte, um die Stadt Sankt Petersburg aus dem Boden zu stampfen, den Japanern, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs westliche Kameras und Radios kopierten, Amerikanern und Sowjets, die sich um deutsche Raketenforscher balgten, sowjetischen Überschallflugzeugen, die der Concorde verblüffend ähnlich sahen, und heutzutage mit chinesischen Herstellern, die deutsche Automobildesigns kopieren. Die Samwer-Brüder, die Silicon-Valley-Start-ups klonen, sind dabei nur eine der letzten Ausprägungen.

Tatsächlich ermöglicht das Imitieren und Kopieren der Ideen und Technologien anderer Innovation. Wer dabei von wem kopiert, das zeigt die Entwicklungsstufe an. Und da ist – wie man an den Aktivitäten der Samwer-Brüder sieht – Europa momentan abgehängt. Dass dabei mit dem Konzept von Start-up-Studios und einer möglichen effizienteren Weise, Start-ups zu launchen, auch Innovation betrieben wird, bestätigt nur vergangene historische Entwicklungen.

Dieses Kapitel erschien im Buch Das Silicon-Valley-Mindset.

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