Wie wichtig ist der Führungsstil für Innovation? Dieser Frage gingen Jeff Dyer, Hal Gregersen und Clayton Christensen nach. Sie entdeckten bestimmte Verhaltensmuster, die innovativen Unternehmensleitern eigen ist.
“Innovative Unternehmer verbringen 50 Prozent mehr Zeit als nicht-innovative CEOs mit Entdeckungsaktivitäten wie Hinterfragen, Beobachten, Experimentieren und Netzwerken. Sie sind aktiv damit beschäftigt, Dinge zu nden, die verbesserungswürdig sind.“
Einen ganzen Tag pro Woche mehr verbringen sie mit Entdeckungsaktivitäten. Traditionelle Manager hingegen fokussieren sich auf Ausführungsaktivitäten: Analyse, Planung, detailorientierte Implementierung und disziplinierte Durchführung. Innovative Unternehmen werden fast immer von innovativen CEOs geführt. Wenn Innovation gefordert ist, dann müssen die Topmanager kreative Fähigkeiten haben.
Elon Musk von Tesla und SpaceX ist berüchtigt dafür, sich für jedes Detail zu interessieren und sich voll einzubringen. Das ist angesichts der thematischen Band- breite seiner Unternehmungen eine ziemliche Leistung. Mitarbeiter, die bei Diskussionen mit ihm nicht entsprechend tief in die Materie einsteigen können, riskieren, sich seinen Zorn zuzuziehen. Larry Page und Sergey Brin sind aktiv in die Entwicklung neuer Technologien involviert. Bei Google Glass diskutierte Sergey Brin unter anderem mit seinen Ingenieuren über die beste Farbe für die Schriftanzeige. Steve Jobs hinterfragte jedes noch so kleine Detail. Das führte so weit, dass er mit seiner Familie zwei Wochen lang die Vor- und Nachteile verschiedener Waschmaschinenmodelle erörterte.
Auch verwenden innovative Unternehmer Begriffe, die auf das Bedürfnis hinweisen, den Status quo ändern zu wollen. Steve Jobs sprach immer wieder davon, „eine Delle ins Universum schlagen zu wollen.“ Larry Page sagte, er sei hier, um „die Welt zu verändern“. Was in Europa nur ein Lächeln über die scheinbare Naivität hervorruft, ist ein Zeichen von Kreativität.
Die Einstellung „Solange das Werkel läuft, fass es nicht an.“ mag bei uns üblich sein, einem Innovator aber darf man das nicht sagen. Der sieht immer einen Weg, Dinge zu verbessern. Für ihn ist immer etwas kaputt, auch wenn es für die meisten von uns so aussieht, als wäre alles in Ordnung. Walter Isaacson schildert in seiner Steve-Jobs-Biographie eine Begebenheit mit Oracle-Gründer Larry Ellison, der ein guter Freund von Jobs war. Jobs ließ sich einen Privatjet liefern, wie er ihn bei Ellison gesehen hatte – allerdings mit einigen kleinen, aber wesentlichen Änderungen. Während in Ellisons Jet jeweils ein separater Auf- und Zu-Knopf für die Schiebetür angebracht war, wollte Jobs dafür nur einen Knopf haben. Obwohl die Türöffnerknöpfe einwandfrei funktionierten, fand er, dass das so nicht optimal gelöst war. Er hinterfragte den Status quo und fand eine bessere Lösung.
Gründer haben es dabei generell leichter. Sie haben das Unter- nehmen gestartet und aufgebaut und können riskantere Änderungen durchsetzen als von einem Aufsichtsrat berufene Manager, die nie selbst ein Unternehmen gegründet haben. Wie viel Vertrauen man diesbezüglich in sie setzt, sieht man bei Gründern, die die Unternehmensleitung aufgegeben hatten (Larry Page und Sergey Brin) oder aufgeben mussten (Steve Jobs, Jack Dorsey) und sie später wieder übernahmen. Sie alle setzten wichtige Richtungsänderung durch, die sich auf Innovation und somit Entdeckungsaktivitäten fokussierten.
In Österreich spricht man von den „Hofräten Hinsichtl und Rücksichtl“. Diese sind so zögerlich in ihrer Vorgehens- und Ausdrucksweise, weil sie meinen, die Interessen und Befindlichkeiten von so vielen Beteiligten berücksichtigen zu müssen, dass am Ende nur der kleinste gemeinsame Nenner, eine Lösung, die niemandem wehtut, herauskommt. Und das bedeutet oft, dass gar nichts gemacht wird.
Dieses Kapitel erschien im Buch Das Silicon-Valley-Mindset.