“Wo sind sie denn alle?”
Diese Frage hatte sich der italienische Kernforscher Enrico Fermi gestellt. Mit “sie” hatte er intelligentes Leben gemeint, also Außerirdische. Wie kommt es, dass wir sie nicht sehen oder sie zu uns kommen? Der amerikanische Astrophysiker Frank Drake schlug deshalb 1961 die nach ihm benannte Drake-Gleichung vor, die eine Abschätzung gibt, wie viele intelligente Lebensformen es im All geben müsste, die technisch fähig und willig wären, mit uns in Kontakt zu treten.
Nun kann man die Drake-Gleichung hin und her biegen, und weitere Parameter einführen, doch schlauer wird man nicht. Damals hatte man nur Vermutungen, dass andere Sterne auch von Planeten umkreist werden, aber erst seit zwei Jahrzehnten wissen wir das wirklich und haben bereits mehrere tausend Planeten in anderen Sonnensystemen gefunden, von denen sich einige in der sogenannten Goldilock-Zone befinden, also die bewohnbare Zone um ihren Stern, die biologisches Leben wie unseres ermöglichen würde. Doch könnten wir uns leicht vorstellen, dass (intelligentes) Leben nicht unbedingt wie unseres aussehen und aus den uns bei unseren Lebensformen vorkommenden Elementen zusammen gesetzt sein muss. So gab es vor einigen Jahren Aufregung, als in Kalifornien vermeintlich Lebensformen mit Arsen statt Phosphor als Bestandteil entdeckt worden war, was sich aber bei genauer Überprüfung als falsch herausgestellt hatte.
Andere weisen darauf hin, dass wenn auch intelligentes Leben woanders möglich ist und die Fähigkeit hätte, mit uns in Kontakt zu treten, es durch die unterschiedlichen Zeitdimensionen Begegnungen unwahrscheinlich seien. Immerhin wird das Alter des Universums auf 13,77 Milliarden Jahre geschätzt, in der Menschen gerade mal 130 Jahre über die Technologie verfügen, Signale zu senden und zu empfangen. Und das in einer abgeschiedenen Ecke der Milchstraße. Im Prinzip wäre das wie bei einer mehrstündigen Party, bei der die Gäste alle zu unterschiedlichen Zeiten, aber eben nur für einen Bruchteil einer Sekunde vorbeischauen, und wir uns ohnehin gerade am Klo beim Kotzen befinden.
Einen Sekundenbruchteil nur deshalb, weil der technologische Fortschritt ihren soziologischen Fortschritt überholt, und damit Zivilisationen Technologie in die Hände bekommen, der sie nicht gewachsen sind. Der Atomknopf gelangt in Kinderhände, sozusagen. Die Zivilisationen löschen sich selbst mit ihrer fortgeschrittenen Technologie aus und existieren damit nicht lange genug, um mit anderen Partygästen ein Gespräch zu beginnen.
Mit anderen Worten: die Suche nach außerirdischem Leben und die Möglichkeit mit ihnen zu kommunizieren oder sie hier auf der Erde zu empfangen, schien nichts mehr als eine romantische Vorstellung zu sein. Jeder, der von UFO-Sichtungen berichtete oder behauptet, von UFOs entführt worden zu sein, wurde als Spinner deklariert.
Hinweis 1 – ‘Oumuamua
Doch nun mehren sich die Hinweise auf Phänomene, die mit heutiger Technologie nicht erklärbar sind. Ein erstes sehr ernst genommenes war ein interstellarer Besucher. Es handelte sich um ein Objekt namens 1I/ʻOumuamua, das im September 2017 durch unser Sonnensystem geflogen war und vom Pan-STARRS Teleskop in Hawaii entdeckt worden. Nicht nur war es aufgrund seiner senkrechten Flugbahn zu den anderen Planeten unseres Sonnensystems als außerhalb unseres Sonnensystems kommend identifiziert worden, es zeigte auch andere, so bisher nicht beobachtete Eigenschaften. Es scheint ein extrem flaches und länglich gezogenes Objekt zu sein, das nicht nur andere Reflexionseigenschaften als sonstige Kometen und Asteroiden hat, sondern auch ein Beschleunigungsverhalten aus unserem Sonnensystem hinaus vorwies, wie es nur durch hohe Gasabstöße wie sie durch die Verdampfung von Wasser oder anderen Substanzen auf dem Objekt möglich sind. Nur: diese Gasabstöße wurden nicht beobachtet und müssten so hoch sein, dass zehn Prozent der Materie das Objekts dabei verdampft hätten müssen. Das kann das Objekt nur ein paar Mal machen, bevor es vollständig verdampft ist.

Der israelisch-amerikanische Astrophysiker Avi Loeb, der zugleich auf der Vorsitzende des Fachbereichs Astronomie an der Harvard University ist, spekulierte, dass es sich um ein Objekt künstlichen Ursprungs halten können. Er schlug bereits früher vor, dass die Suche nach Außerirdischen sich auf Artefakte konzentrieren sollte. Also wie ein Archäologe nach Artefakten versunkener Zivilisationen sucht, sollten Astrophysiker nach den Hinterbleibseln außerirdischer Zivilisationen suchen. Der interstellare Besucher könnte beispielsweise ein Sonnensegel oder eine Weltraumboje einer anderen, vielleicht längst untergegangenen Zivilisation gewesen sein.

Avi Loeb kam deshalb auf die Idee, weil er am vom russischen Internetmilliardär Juri Millner gesponserten Breakthrough Starshot-Projekt mitarbeitet, das eben solche Sonnensegel zum uns nächsten Sonnensystem schicken soll, und ähnliche Eigenschaften aufweisen würde, wie sie Oumuamua zeigte.
Hinweis 2 – Unidentifizierte Luftphänomene
Und dann mehrten sich die ernsthaften Berichte und Analysen von sogenannten Unidentified Aerial Phenomena (UAP), die neben unidentifizierten Flugobjekten (UFOs) auch Wettererscheinungen und anderes umfassen können. Nicht zuletzt durch die Berichte von Piloten und anderem hochtrainierten Personal aus der zivilen und militärischen Luftfahrt, die in verstärkter Zahl mit ihren Erlebnissen an die Öffentlichkeit getreten sind.
Bis dann der amerikanische Sender CBS News in seiner Sendereihe 60 Minutes sich diesen Phänomenen widmete und dabei Piloten und Regierungsbeamte interviewte, und damit allen Spekulationen Tür und Tor öffnete. Der Tenor war: es gibt da draußen etwas, das wirklich ist, von Radar erfasst, von Kameras aufgezeichnet und von unseren Augen gesehen wird, und das sich in einer Weise verhält, wie es heute bekannte, von Menschen geschaffene Technologien nicht können. Auch würden diese UAPs auf Radarsignale und die Annäherung von Aufklärungsflugzeugen reagieren, indem sie Ausweichmanöver fliegen.
Hier sind mal einige dieser Videos, die vom Pentagon veröffentlicht wurden.
Es soll im Juni 2021 auch ein offizieller US-Regierungsbericht zu den UAP vorgelegt werden, der mehr Auskünfte geben und vor allem auch Vorgehensweisen vorschlagen soll. Immerhin betrachtet das Pentagon eine fortgeschrittene Flugtechnologie, wie sie beobachtet wurde, also potenziell bedrohlich. Auch sind die Orte, wo diese UAPs vorgefunden werden oft militärische Sperrgebiete, Nuklearkraftwerke oder Kampfverbände der US Navy.
Was bedeutet das für uns?
Nach langen Jahrzehnten des Abwiegelns sind somit die US-Regierung und das Pentagon auf einen entgegengesetzten Kurs eingeschwenkt. Die Sichtungen werden zugegeben, auch dass einige davon nicht erklärt werden können, und man von einer Arbeitshypothese ausgeht, dass es sich auch um eine außerirdische und uns überlegene Technologie handeln könnte.
Und das ist im erste Moment schwer verdaulich. So sehr viele von uns sich mit der Idee der Existenz von Außerirdischen schon anfreunden können, aber eben weit weit weg von uns, so schockierend wäre die Erkenntnis, dass Außerirdische sich schon lange auf der Erde befinden. Unsere Reaktion darauf bislang war eher, “Jaja, intelligentes Leben gibt’s vermutlich sicher irgendwo, aber dass wir es finden ist schon sehr unwahrscheinlich.” Jeder der behauptete, von Außerirdischen entführt worden zu sein oder mit ihnen in Kontakt zu stehen, wurde als Spinner betrachtet. Und jetzt aber könnte das doch vorstellbar sein.
Damit stellen sich mal drei Fragen:
- Wie reagieren die Menschen darauf, nicht alleine zu sein?
- Was bedeutet das für uns Menschheit?
- Haben die Spinner doch recht gehabt?
Vorbereitet auf die Existenz von außerirdischer Intelligenz sind wir nicht zuletzt durch eine Vielzahl an Science-Fiction-Filmen. Mehr intellektuelle Serien wie Star Trek, hin zu Sternenmärchen wie Star Wars, oder Filme die Außerirdische von der heiteren Seite zeigen (Mars Attacks, Mein Onkel vom Mars), Melodramen (E.T.) bis hin zu dystopischen Szenarien (Enders Game) ist da alles vertreten.
Was aber, wenn die wirklich so weit technologisch fortgeschritten sind? Dann wird es uns, wenn wir aus der eigenen Geschichte lernen können, wohl so wie den Indianern in Nordamerika oder den Azteken, Maya und Inka gehen, als sie auf die spanischen Conquistadores trafen: sie wurden vernichtet, wenn auch manchmal unbewusst durch Krankheiten, die die Europäer mitbrachten, und die bei den Eingeborenen unbekannt waren.
Mit anderen Worten: es könnte ganz übel für uns ausgehen. Wenn sie aber schon hier sind: warum ist es uns bisher nicht übel gegangen? Sind die dann nicht nur technologisch fortgeschrittener, sonder auch in ihrer soziologischen, intellektuellen Entwicklung? Eine spannende Frage, wie sie das geschafft habe. Oder wiegen wir uns in falscher Sicherheit, wie der Truthahn, dem es das ganze Jahr über gut geht, der aber dann zu Thanksgiving daran glauben muss?
Und die nagendste Frage ist dann die, ob all die (vermeintlichen) Spinner wirklich recht hatten und wir sie jahrelang nicht ernst genommen haben, und doch ernst nehmen hätten sollen? Wie kam es dazu, dass wir deren Berichte und arnungen milde belächelt haben?
Wenn schon die UFO-Gläubigen recht gehabt haben, will ich gar nicht weiterdenken, dass es bei Verschwörungstheoretikern auch so sein könnte. Das wäre zuviel in einem Jahr oder Jahrzehnt. Ja was rede ich: Jahrhundert! Dann wander ich aus: auf den Mars!