Die Entscheidungen zum Glück

Fragt man eine beliebige Zahl von Menschen, was Glück für sie ist, so erhält man ebenso viele unterschiedliche Antworten. Die Antwort auf die Frage, wie man dort hin gelangt, ist für die Befragten oft noch unklarer.

Die Glücksforscherin und Autorin Sabine Harre, die seit einem Jahrzehnt Menschen in China und Deutschland befragt, was Glück für sie ist, hat selbst nach mehr als eintausend Interviews noch immer keine Formel dafür gefunden. Obwohl, gewisse Elemente wiederholen sich und die Definition, was Glück für den oder die Einzelne(n) bedeutet, ändert sich mit der Zeit.

Das Streben nach dem Glück ist neben dem Leben und der Freiheit in der US-Verfassung sogar als eines von drei explizit erwähnten Beispielen unveräußerlichen Rechten aufgeführt, die den Menschen von Geburt an gegeben sind. Die Garantie, dass jeder und jede Glück erreicht, das allerdings konnten die Gründerväter der amerikanischen Union nicht geben. Sie gaben dazu auch keine Anleitung und hielten sich bedeckt.

Und das war weise. Denn mag für den einen vor hundert Jahren das höchste Glück auf Erde auf dem Rücken der Pferde gewesen sein, so ist es für andere einfach nur ein Dach über dem Kopf, die nackten Füße in den Sandstrand auf Hawaii zu versenken, oder seine Familie nach mehreren Monaten Stationierung im Ausland wieder zu sehen.

Das Streben nach Glück verstellt aber den Blick auf das Unmittelbare. Auf der Suche nach dem Wald sehen wir die Bäume nicht. Glück ist auch so ein Ding, das wir in manchen Fällen nicht erkennen, wenn es uns passiert. Erst im Nachhinein erkennen wir manchmal, wie sehr wir in diesem Moment glücklich gewesen waren. Ein Teil dieses Glück ist auch der Tatsache zu verdanken, dass unser Hirn schlechte Erinnerung mit der Zeit ausblendet und vergisst, und die schönen behält und uns vorspielt. Nur so ist Nostalgie für vergangene Zeiten zu erklären, die uns einfacher und schöner erscheinen, als sie in Wirklichkeit waren.

Maximierer versus Befriediger

Eine wissenschaftliche Studie mehrere Glücksforscher zeigt uns aber einen anderen Weg zu Glück, den wir im Heute begehen und praktizieren können. Und die hat mit Entscheidungen zu tun. Genauer gesagt, mit zwei Typen von Entscheidern. Auf der einen Seite stehen die Maximierer, die die absolut beste Entscheidung treffen wollen, auf der anderen stehen die Befriediger (‘Satisficer’), die sich auch mit einer nicht-optimalen Entscheidung zufrieden geben. Die Studienautoren zogen dabei eine sogenannte Maximierungsskala heran, auf der sie anhand von Kriterien die Probanden einteilten und deren Verhalten bei Konsumentscheidungen untersuchten.

Maximizer tendieren dazu, immer und immer wieder durch Informationen zu wühlen, um ihre Entscheidung besser machen zu können. Dabei besteht die Gefahr, dass sie nie zu einer Entscheidung kommen, weil sie nicht zufrieden sind. Das kann zu einer Analysis-Paralysis, also zu einer Analyselähmung führen. Und selbst wenn sie eine Entscheidung getroffen haben, sind sie nie sicher, dass es nicht eine noch optimalere Lösung gibt, die sie übersehen haben. Das zehrt an den Nerven, die Sorge bleibt, das Glück stellt sich nicht ein.

Den Befriediger hingegen ist bewusst, dass es die eine optimale Lösung nicht gibt, und selbst wenn, der Weg dorthin zu lange dauern würde. Deshalb setzen sie sich selbst Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit sie eine Entscheidung fällen können. Oder sie setzen sich ein Zeitlimit, wann eine Entscheidung gefällt werden muss. Sobald die Entscheidung steht, ziehen sei weiter und packen die nächste Herausforderung an. Und auch ihre Gedanken ziehen mit. Es kommt zu keiner Rückkehr, die das Gewissen in einen permanenten Zustand des nagenden Zweifels verharren und damit Glück außen vor lässt

Die Maximierer zweifelten – vor allem in schlechten Momenten – an ihren Entscheidungen und fragten sich dann verstärkt ob es nicht eine bessere Möglichkeit geben würde. Sie tendierten auch eher dazu, sich mit anderen zu vergleichen, Entscheidungen zu bedauern und sich dafür selbst zu beschuldigen.

Entscheidungshilfen zum Glück

Die Studienautoren empfehlen mehrere Taktiken, die uns bei Entscheidungen helfen sollen, weniger der Maximierer als viel mehr Befriediger zu werden.

Ein Punkt ist das Delegieren einer Entscheidung. Wenn man sich nicht für einen Internetanbieter in seiner Region entscheiden kann, dann frage man doch einfach einen guten Freund. Ist der mit seinem Anbieter zufrieden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man es selbst auch sein wird.

Ein anderer Punkt ist einfach praktisch zu denken. Den idealen Job gibt es nicht. Liegt der neue Arbeitsplatz nahe zur eigenen Wohnung? Schienen die Kollegen nett zu sein? Stimmt das Gehalt? Auch wenn kein Firmenwagen dabei ist oder Gratismittagessen, dann ist vielleicht die flexible Arbeitszeit doch ausschlaggebend. Alle Kriterien zusammen wird wohl kein Job bieten, auch wenn ich noch so lange suchen werde und dabei die Gefahr auf, immer mehr frustriert – das Gegenteil vom Glück – zu werden. Aber wenn beispielsweise von 10 Kriterien 8 erfüllt sind, dann mach die Entscheidung.

Ein dritter Punkt ist die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen auf andere Domänen überzuleiten. Wenn ich im Supermarkt relativ rasch, ohne viel nachzudenken, die Zahnpastamarke auswähle, warum lege ich diese Entscheidungsfähigkeit nicht auch auf den nächsten Waschmaschinenkauf an? Zugegeben, Waschmaschinen sind teurere Anschaffungen als Zahnpasta, aber brauche iich viielleicht eine halbe Minute für die Zahnpastaauswahl, dann genehmige ich mir eben eine Stunde für die Auswahl einer Waschmaschine, nicht aber Wochen.

Entscheidungen müssen geübt werden. Nichts einfacher als das. Wem geht es nicht so, dass man mal wieder einmal vor Netflix, Amazon Prime oder dutzenden Fernsehkanälen sitzt und sich nicht entscheiden kann, welchen Film oder welche Serie man sich anschauen will? Man verbringt mehr Zeit mit dem Browsen des Angebots als mit dem eigentlichen Filmgenus.

Hier kann man sich nun ein Limit setzen. Die Entscheidung muss in 5 Minuten gefällt sein. Oder aus den nächsten 20 Filmen engt man die Auswahl auf die 3 interessantesten und wählt dann einen Film aus. Im Notfall durch einen Auszählreim.

Wirkt das?

Sicherlich. Meine Lektoren werfen mir oft vor, dass ich in meinen Texten zu ausschweifend werde und nicht weiß, wann ich aufhören soll und meinen Mund halte. Deshalb habe ich ein neues Kriterium. Bei knapp fünftausendfünfhundert Zeichen endet d

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