Erst einige Woche und Monate sind ChatGPT, DALL-E und andere Generative Pre-trained Transformer (GPT) öffentlich, und die Diskussionen wollen nicht abreißen. Da herrscht auf der einen Seite Erstaunen vor, was diese KI-Systeme leisten und kreativ Gemälde und Texte nur anhand von ein paar einfachen Anweisungen erstellen, auf der anderen Seite sehen andere bereits das Ende der Kunst und der Literatur am Horizont auftauchen.
Die Diskussion ist keine neue. Mit der Erfindung der Fotografie wurde das Ende der Malerei vorhergesagt. Doch das Gegenteil trat ein: nicht nur wurden in der Zeit der Schwarzweißfotografie Maler herangezogen, um diese einzufärben, es entstand mehr Bedarf an Bildern und Illustrationen. Auch heute, mit dem Auftauchen und Überhandnehmen von Smartphonekameras sank nicht etwa die Zahl an professionellen Fotografen, sie stieg in den USA von 160.000 im Jahr 2002 (vor Smartphones) auf 230.000 im Jahr 2021.
Das Wired-Magazin beschäftigt sich in der Februar Ausgabe 2023, wie Künstler heute schon aktiv Bildtransformer wie DALL-E, Midjourney, Stable Diffusion oder Artbreeder einsetzen, um mit diesem Werkzeug neuartige Bilder und das sehr rasch zu erstellen. Diese künstlichen Intelligenzen werden somit zu nichts anderem, als dem modernen Äquivalent eines Pinsels oder eines Fotoapparats. Wie der Pinsel das Einritzen in Steinen oder Ton um das Malen auf einer Oberflächer erweiterte, oder der Fotoapparat Künstler völlige neue Blickwinkel ermöglichte, so sind diese GPTs neue Kreativwerkzeuge im Arsenal der Künstler.
Die High School-Lehrerin Cherie Shields in Oregon berichtete dem New York Time Podcast Hard Fork, wie sie auf ChatGPT stieß und sogleich im Unterricht einsetzte. Sie lehrt ihre Schüler, wie sie ChatGPT als Werkzeug einsetzen können, um einen Startpunkt für ihre Essays zu setzen. Dabei weist sie auch auf die Beschränkungen der Software hin und vermittelt damit ihren Schülern digitale Medienkompetenz. Wie heute teilweise Spickzettel oder Textzusammenfassungen zum Einsatz kommen, so ist ChatGPT zu betrachten.
Auch ich verwende immer wieder DALL-E, um rasch Coverbilder für meine Blogbeiträge zu erstellen. Und es zeigt sich, dass man lernen muss, wie man der KI die richtigen “Prompts” – also die richtigen Anweisungen – gibt, um gute Ergebnisse zu erhalten. Auch darin unterscheiden sich bereits heute Künstler, die bereits hunderte Stunden damit verbracht haben, an ihren Prompts herumzufeilen und die Ergebnisse der KI ihren Vorstellungen nach zu gestalten.
Was auf der Basis von Millionen von Bildern und Milliarden von Texten, mit denen diese KIs trainiert wurden, vorexerziert wird, erweitert die Möglichkeiten in anderen Feldern. Zum Beispiel könnten Medikamente durch das Füttern einer KI mit bekannten Verbindungen und deren Wirkungen das Design neuer Medikamente beschleunigen, und sogar zu individueller Medizin führen, wo Medikamente auf den einzelnen Patienten zugeschnitten wird.
Ein DALL-E für Videos oder virtuelle Welten wie dem Metaverse könnte uns von einer KI generierte Filme und Videospiele liefern. Ein Drama im Stil von Ingmar Bergmann mit einem Hauch von Quentin Tarantino als Anime? Warum nicht? Eine mysteriöse Welt wie in Avatar nur im Mittelalter? Bitte, man sage es dem System.
Warum aber in der digitalen Welt bleiben und nicht gleich in die physische Welt wechseln? Eine ArchtekturGPT würde mit Millionen von Plänen verschiedenster Bauprojekte aus aller Welt und Zeit gefüttert und schon könnten Häuser oder Bürotürme generiert werden, aus denen man auswählt. Und das komplett mit Stücklisten und detaillierten Plänen.
Oder warum setzen wir uns hin und designen Maschinen eigentlich noch von Hand? Der anhand von Millionen Konstruktionsplänen trainierten MachineGPT einfach nur sagen, welches Produkt man haben will, und die KI spuckt die Pläne für eine solche Maschine aus. Dabei optimiert sie bereits Energie- und Materialeinsatz.
Es wird uns bald anachronistisch vorkommen, das alles noch von Hand und ohne Hilfe solcher KIs vorzunehmen, genauso, wie die Telefonfräuleins die Telefonverbindungen herstellten, Bauzeichner über große Tische gebeugt mit Stiften, Linealen und Rechenschieber Häuser designten, oder dicke Kalkulationstabellenbücher zur Berechnung der Brückenspannweite herangezogen wurden. ChatGPT, DALL-E und Co sind die Vorboten einer Revolution, wie kreatives Arbeiten in vielen Berufen bald aussehen wird.