„Trägst du deine Unterwäsche auch heute?“ – Anmerkungen zu einem Veranstalterkodex

Die Gründerin eines Dessouslabels, Ilana Biasini, organisierte in Mannheim das Netzwerktreffen SHEDoes | Gründerinnen Netzwerk mit anderen Frauen. Dort stellte sie ihre Unterwäschemarke und das Unternehmen vor. Da sie auf der Suche nach Investor:Innen war, tauschte sie mit Anwesenden Visitkarten aus. Im Verlauf der Veranstaltung trat einer dieser Investoren von hinten an sie ran, griff ihr an den Po und fragte sie

Trägst du deine Unterwäsche auch heute?

Das berichtete die New Work Designerin Kira Marie Cremer auf einem LinkedIn-Post. Und sie war genauso geschockt wie Biasini selbst und jede andere Frau, die davon gehört hatte.

Auch wenn das Problem kein Neues ist und spätestens seit der @metoo-Bewegung auch in der Venture Capital-Szene in den Fokus geraten ist, so sollten wir nicht den Fehler begehen, dass wir das weiterhin als normal betrachten und nur unter Frauen und hinter vorgehaltener Hand besprechen. Es gibt einige Maßnahmen, die wir setzen können und sollten. Und diese schaffen auch Aufmerksamkeit zum Problem.

So ist eine Maßnahmen, dass Veranstalter:Innen das schon zu Beginn verlautbaren können. Ich selbst als jemand, der mit Delegationen Besuche im Silicon Valley mit Firmen, Vordenker und sonstige interessante Menschen organisiert, zähle beim ersten Treffen mit den Delegationen immer einige Grundregeln auf. Darunter befinden sich unter anderem das Verhalten gegenüber Minderheiten und Frauen während des Besuches. Weder will ich irgendwelche abfällige Bemerkungen noch von irgendwelchen Übergriffen hören. Wer mir gemeldet wird, muss auf der Stelle die Delegation verlassen und wird nicht mehr dabei sein.

Auch als Frau sollte man Initiative ergreifen, wenn möglich. Eine befreundete Google-Mitarbeiterin erzählte mir vor kurzem von einer Delegation aus dem Mittleren Osten in der Google-Zentrale in Mountain View, bei der ein Delegationsteilnehmer nach Austausch von Kontaktinformationen sie fragte, ob sie zum Abendessen mit ihm Zeit habe und ob sie nicht mal in sein Heimatland kommen wolle, dort „würden sie sicherlich Spaß haben.“ Nach einem kurzen Schock und der Frage, wie das wohl gemeint gewesen war, meldete sie das ihren Kolleg:Innen, die das dann an die Delegationsleiter weitermeldeten. Diese Person war nicht mehr als Gast und Kunde erwünscht.

Auf einer Veranstaltung auf der Universität Berkeley stieß ich zum ersten Mal auf einen Antibelästigungs-Code, der von den Veranstaltern gleich zur Eröffnung vorgelesen worden war. Und ich war entzückt. Nicht etwa, weil dieser Verhaltenskodex notwendig war. Nein, ich war es deshalb, weil er explizit erwähnt und damit das deutliche Signal ausgesandt wurde, was inakzeptables Verhalten ist und wie der Verhaltenskodex durchgesetzt wird. Manchmal muss man es ausbuchstabieren. Ich würde mir solch einen Kodex auf jeder Veranstaltung wünschen, und gerade von den Veranstaltern, die meinen, auf ihrem Event gäbe es dieses Problem nicht. Dann erst recht will ich es!

Hier ist der Kodex von TechCrunch im Wortlaut, in dem auch E-Mail-Adressen und Telefonnummern zum Melden von Vorfällen angegeben waren:

TechCrunch duldet keine Art von Belästigung von Teilnehmern, einschließlich, aber nicht beschränkt auf die folgenden Punkte:

  • Unangemessener Körperkontakt
  • Unerwünschte sexuelle Aufmerksamkeit
  • Zurschaustellung sexueller Bilder in öffentlichen Räumen
  • Vorsätzliche verbale oder körperliche Einschüchterung
  • Anhaltende Störung von Vorträgen oder anderen Veranstaltungen
  • Befürwortung oder Ermutigung eines der oben genannten Verhaltensweisen

Aus folgenden Gründen, aber nicht nur aus diesen Gründen:

  • Rasse
  • Ethnizität
  • Geschlecht
  • Geschlechtsidentität und -ausdruck
  • Sexuelle Orientierung
  • Behinderung
  • Körperliche Erscheinung
  • Körpergröße
  • Alter
  • Religion

Als Teilnehmer wird von Ihnen erwartet, dass Sie sich an die oben genannten Richtlinien halten. Es liegt im Ermessen von TechCrunch, diejenigen, die gegen die Richtlinien verstoßen, sofort und ohne Rückerstattung des Eintrittsgeldes vom Veranstaltungsort zu verweisen und von zukünftigen TechCrunch-Veranstaltungen auszuschließen.

Wenn Sie einen Verstoß gegen den Verhaltenskodex feststellen oder beobachten, melden Sie ihn den TechCrunch-Mitarbeitern unter der Telefonnummer +1 (415) 579-3838 oder per E-Mail an codeofconduct@techcrunch.com. Sie können den Verstoß auch direkt melden an:

  • das Sicherheitspersonal, das überall am Veranstaltungsort stationiert ist
  • freiwillige Helfer von TechCrunch, die an ihren TechCrunch-T-Shirts zu erkennen sind
  • TechCrunch-Mitarbeiter

Der TechCrunch-Verhaltenskodex basiert auf den Grundsätzen der Integration, Gleichheit, Vielfalt und des Respekts. Diese Richtlinien sind notwendig, um sicherzustellen, dass jeder sicher an TechCrunch-Veranstaltungen teilnehmen kann. Indem Sie eine Eintrittskarte für eine TechCrunch-Veranstaltung, eine Konferenz oder ein konferenzbezogenes gesellschaftliches Ereignis kaufen, für diese arbeiten, dort verkaufen oder sie sponsern, erklären Sie sich mit den oben genannten Richtlinien einverstanden.

Die BBC hat übrigens schon vor fünf Jahrzehnten die Ausgangssituation umgedreht und die Reporterin Nicky Woodhead auf die Straßen geschickt, um Männern in den Po zu zwicken. Wie reagierten diese darauf? Hier ist was sie dazu sagen:


Anmerkung: ich habe auch eine neue LinkedIn-Gruppe zum Thema CYBERF*CKED. Melde Dich einfach an und lerne mehr zum Thema.

Dieser Beitrag beinhaltet teilweise einen Auszug aus meinen im November erscheinenden Buch zu Online-Belästigungen von Frauen durch toxische Männer.

Cyberf*cked: Wie Frauen im Internet von toxischen Männern beleidigt, bedroht und belästigt werden – und was wir alle dagegen tun können

CYBERF*CKED

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